Emmi's Room (2006 - 2012)
In the beginning Emmi's room was the name for a series of painted pictures.
It includes about 20 pictures, most of them in the dimensions 110 x 125 cm.
Later I transferred the idea of the fictional Emmi into actual rooms and took her
perspective.
Emmi is thereby the last of several former tenants whose combined legacies I behold.
The arbitrariness of combining things left behind has apparently already inspired Emmi,
then me.
Emmi adds to what she has found, she adds things she likes, copies favorite places
and crosses out other things. She leaves new traces and disappears.
With Emmi's help and influenced by the place where I was working, I invented
moods, interiors, actions and their traces for the paintings. The result were
still lifes, which I as a painter had neither arranged nor chosen. Emmi stands for the
absence of an individual, whose peculiarities and circumstances must be read from the
traces of her actions in these rooms.
Emmi is exposed to the remnants and waste products of her surrounding
and draws her own conclusions from the combination of these leftovers.
Emmi has always already left when I arrive.
Emmi establishes contexts of meaning, whose origin I cannot always deduce.
Thus an observation arises for which I do not necessarily have to know the reason.
It has what it takes to be precise.
In the second part of the project, I set out to explore the superimpositions of the found
and the invented, of Emmi and me in actual spaces.
(Emmi's Room at Ostrale Dresden, 2008. Das nur Eigene, Triangle
Arts Association, New York 2010 and Verrückte Welt, meine Nase juckt immer noch.,
Galerie Oel-Früh, Hamburg, 2011) Emmi's role changed as a result, she became a
consultant before her disappearing. I scoured the room and signed in where I could still
think of something to say about what I had found. This method of being in dialogue with
the space or material has become characteristic for my workI guess.
Über Emmi's Room (2006 - 2012) german version
Emmi's Room war anfangs die Bezeichnung für eine Serie von gemalten Bildern.
Sie umfasst etwa 20 Bilder, die meisten davon in den Massen 110 x 125 cm.
Später übertrug ich die Idee von der fiktiven Emmi in tatsächliche Räume und nahm
ihre Perspektive ein.
Emmi ist dabei die letzte von mehreren ehemaligen Mietern, deren kombinierte
Hinterlassenschaften ich erblicke. Die Willkür der Kombination von zurückgelassenen
Dingen hat offenbar schon Emmi inspiriert, mich danach.
Emmi ergänzt das Gefundene, sie fügt Dinge hinzu die ihr gefallen, kopiert
Lieblingsstellen und streicht anderes durch. Sie hinterlässt neue Spuren und
verschwindet.
Mit Emmis Hilfe und beeinflusst von dem Ort an dem ich arbeitete, erfand ich
Stimmungen, Interieurs, Handlungen und deren Spuren für die Bilder. Es entstanden
Stillleben, die ich als Malerin weder arrangiert hatte noch ausgesucht. Emmi steht für
die Abwesenheit eines Individuums, dessen Eigenheiten und
Lebensumstände aus den Spuren ihres Handelns in diesen Räumen gelesen werden
müssen. Emmi ist den Überbleibseln und Abfallprodukten ihres Kulturkreises
ausgesetzt und stellt aus der Kombination dieser „Reste“ eigene Zusammenhänge her.
Emmi ist immer schon gegangen, wenn ich eintreffe.
Emmi stellt Sinnzusammenhänge her, deren Ursprung ich nicht immer ableiten kann.
So entsteht eine Beobachtung, deren Grund ich nicht unbedingt kennen muss und die
durch diese Fremdheit womöglich präzise ist.
Im zweiten Teil des Projektes habe ich mich darauf verlegt, den Überlagerungen von
Gefundenem und Erfundenem, von Emmi und mir in tatsächlichen Räumen
nachzugehen. (Emmis Room auf der Ostrale Dresden, 2008. Das nur Eigene, Triangle
Arts Association, New York 2010 und Verrückte Welt, meine Nase juckt immer noch.,
Galerie Oel-Früh, Hamburg, 2011) Emmis Rolle veränderte sich dadurch, sie wurde zu
einer Beraterin, ehe sie verschwand. Ich durchforstete den Raum und schrieb mich dort
ein, wo mir noch etwas einfiel zu dem, was ich vorgefunden hatte.
Diese Methode, im Dialog mit dem Raum oder Material zu stehen, ist wohl
charakteristisch für meine Arbeit geworden.
aus dem Pressetext zur Ausstellung
Verrückte Welt, meine Nase juckt immer noch.
In der Galerie Oel-Früh, 2010 von Anna Carla Brokof
In dem seit 2006 fortlaufenden Projekt emmis room beschäftigt sich LW mit den
willkürlichen Hinterlassenschaften wie man sie in entmieteten Wohnungen vorfindet.
Unterstützt von der fiktiven Figur Emmi ergänzt sie das vor Ort gefundene, fügt Dinge
hinzu, kopiert Lieblingsstellen und streicht anderes durch.
Die Idee von der immer kurz voher aufgebrochenen Emmi bestimmt auch immer die
Arbeit vor Ort. Daraus ergeben sich Stimmungen, Interieurs, Handlungen bzw. deren
Spuren für die Bilder und Installationen der Künstlerin. Emmis Abwesenheit und ihr
dadurch immerwährendes Fremdbleiben garantieren einen klaren Blick. Sie befreit von
der Tradition der Dinge, weil sie fremde Motive hat und stellt Sinnzusammenhänge her,
deren Ursprung Vermutungen bleiben.
Zu Gast in der Galerie Oel Früh wird LW diese Arbeitweise auf die durch ihre Lage so
besonderen Räume der Galerie anwenden. Aus einer Kombination von mitgebrachten
Arbeiten und Einschreibungen, die während eines vorübergehendem Einzugs entstehen,
werden Ort und Arbeit zueinandergebracht.
Über die Bildserie "Emmi's room"
von Korvin Reich 2010
Allerletzte Spuren
oder: Was von einem Leben übrigbleibt.
Eine Wohnung übergeben. Besenrein. Der Umzug hat bereits stattgefunden, die Räume
sind leer. So gut wie leer. Was sich in diesem Zustand der Wohnungs-Auf-Lösung noch
anfindet, ist hartnäckig: Reißzwecken, Staubnester, Kleingeld, mumifizierte
Fliegenkörper.
Zeugen eines längst über-lebten Daseinsabschnitts, wertlos, sich nun demaskierend als
Müll und Schmutz, überall anders, überall gleich. Es scheint ebensoviel Mühe zu kosten
wie der Umzug selbst, auch die allerletzten Spuren zu beseitigen.
Die Bilder Line Wasners vom Zyklus „Emmi's Room“ zeugen von diesen hartnäckigen
Spuren eines Lebens oder Lebensabschnitts, Zeichen, die sich überall ähneln, Chiffren
sind, aber dennoch, verborgen und gleichzeitig unverblümt, auf Geschichten verweisen.
Die Chiffren auf den Bildern zeigen diesen Charakter des Zeichenhaften und
Geheimnisvollen, des immer Unfertigen, Flüchtigen. Der Raum, nachdem die
Gegenstände fort sind, verwe(a)ist noch immer auf deren verlorene Gegenwart und
befindet sich somit im Bereich zwischen gegenständlich und raumhaft-abstrakt.
Die Dinge, die sich noch finden, irgendwann unter einen Schrank gefallen und
vergessen, sind nun zweck-los und gleichsam ins Form-lose übergehend.
Auch Wände sind solch stumme Lebenszeugen: Risse, die alte Tapeten zum Vorschein
bringen, helle Bilderschatten, ein alter Werbekalender, Aufkleber, Flecken. Nach der
Maueröffnung gab es im Ostteil von Berlin viele fast fluchtartig verlassene Altbau
Wohnungen, in deren Wände sich nicht nur ein unbekanntes Leben, sondern auch eine
nun nicht mehr existente Staatsform eingegraben hat.
Line Wasners Bilder erzeugen den gleichen Eindruck unkenntlich gewordener
Individualität, von Fremdartigkeit, von Verlassenheit. Sie erwecken die Illusion, beredt
von vergangenen Lebensgeschichten zu erzählen, doch dieser Impuls bleibt irgendwo
im leeren Raum und läuft sprichwörtlich ins Leere.
Die Arbeiten zu „Emmi's Room“ sind Zeugen, die keine mehr sind: Die Vergänglichkeit
ist nun einmal unerbittlich.
Doch hin und wieder lässt sich vermeintlich eine deutlichere Spur der Leere abtrotzen
und man beginnt, Geschichten und Träume zu suchen, Zusammenhänge, sich
offenbarende Geheimnisse.
Und durch die Hintertür hinein spaziert auf einmal Emmi, als wäre sie nie fort gewesen,
unmittelbar in einer Existenz, die doch machtlos ist gegen den unaufhaltsamen Strom
der Zeit.
Line Wasner//
Emmi's room
2006 - 2012
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